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Mein erster Höhenflug fand am Nachmittag des
5 September 2000 statt. Es war ein ziemlich verhangener Tag, die ganze Zeit
über war mit Regen zu rechnen. Am Vormittag waren wir noch am
Übungshang, jetzt wurde es ernst. Das zunehmend schlechter
werdende Wetter gab mir allerdings das gute Gefühl,
dass es an diesem Tag wohl nichts mehr
mit Fliegen werden würde... Ein sich so beruhigend über meine
Höhenängste legendes Gefühl der Sicherheit!
Meine Emotionen zum Thema Gleitschirmfliegen macht wohl am besten ein
Ausschnitt aus einem Brief klar, den ich ein paar Wochen später
schrieb:
"... Vor dem Gleitsegeln habe ich übrigens auch einen Heidenrespekt. Als
ich im Grundkurs war, fuhren wir eines Tages auf den Tegelberg. Als ich
die Startrampe sah und auch feststellte, dass nach dieser Rampe dann erstmal
ne ganze Zeit absolut nix kommt, stand ich da und konnte nur: "Ich? Hier?
Nie!" stammeln. Als dann auch noch einer direkt nach meiner Stammelei einen
ziemlich gefährlich aussehenden
Startabbruch
machte, war ich bestärkt,
doch besser nach einem anderen Hobby Ausschau zu halten. In diesem Moment
konnte ich mir als einzige Alternative nur das Sammeln von Briefmarken
vorstellen...
Drei Wochen später war ich wieder auf dem Berg. Meine
Fluglehrerin sagte uns, dass zuerst die Drachenflieger starten und
die Gleitschirmer danach von einer netten Wiese 200 Meter tiefer losfliegen
würden.
Nachdem die Drachen alle weg waren, meinte unsere Fluglehrerin, es würde
wohl doch nichts werden an diesem Tag, bis wir unten wären, würde es
regnen.
Na, da konnte ich mal wieder mein riesen Maul nicht halten und
fragte, ob ich denn von der Rampe starten dürfe. Ich muss sehr bleich
gewesen sein, als sie "Ja, mach dich fertig" entgegnete. Und dann ging
alles sehr schnell, da alle mithalfen. Nach nur drei
Minuten stand ich mit meinem Gleitschirm hinter
mir liegend oben auf der Startrampe und ohne langes Nachdenken startete
ich. Es war die Hölle! Mein erster Flug dauerte 15 Minuten, 15 Minuten
Horror! Ich kam nicht in den Sitz, die Tragegurte pressten sich sehr schmerzhaft
zwischen meine Beine, die Folie über mir, an der ich an ca. 250
hauchdünnen
Leinen hing, wackelte erbärmlich und überholte mich.
Ich fühlte mich wie ein ungleich hin- und herbaumelndes Pendel einer Uhr.
Verschiedene Winde aus
verschiedenen Richtungen beutelten mich, Auf- und Abwinde
ließen den wackligen Schirm über mir sehr instabil wirken. Und dann die
absolute Katastrophe: Der Funkempfänger funktionierte nicht. Mein erster
Flug war pure Angst. Aber irgendwann war ich unten und landete sogar auf
der Landewiese. Und dieses Gefühl war großartig: Mein erster Höhenflug,
900 Höhenmeter und über 4444 Längenmeter und das erste Mal direkt von
der Rampe! Zwar tat alles weh, aber ich war sooo stolz, glücklich, einfach
begeistert. Und dann etwas später war ich für die anderen der Tagesheld.
Die anderen drei Gleitschirmflieger waren auch noch von der Rampe gestartet,
was sie (angeblich) nie getan hätten, wenn nicht ein "Dummy" vorausgegangen
wäre...
Die nächsten vier Flüge waren übrigens ähnlich fürchterlich,
ab dem fünften Flug fings an, echten Spaß zu machen... "
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