Annette von Droste-Hülshoff


Wurde Annette von Droste-Hülshoff am 10. oder am 12. Januar 1797 geboren? Darüber finden sich unterschiedliche Angaben. Auf jeden Fall wäre sie dieses Jahr 225 Jahre alt geworden - Grund genug für mich, am 18. Januar 2022 zur Wasserburg Hülshoff zwischen den Orten Havixbeck und Roxel bei Münster und 27 Kilometer vom Flugplatz EDLB entfernt zu fliegen.

Korrekt war ihr Name Anna Elisabeth Franzisca Adolphina Wilhelmina Ludovica Maria Freiin von Droste zu Hülshoff; (Freiin = Freifräulein, also ledige Tochter des Freiherrn), sie wurde 51 Jahre alt, sie war Schriftstellerin und Komponistin. Aber wer kennt sie heute noch?

Wir alten Säcke, so um die 50 und älter, wir haben die Annette von Droste-Hülshoff noch im Deutschunterricht kennengelernt, wir mussten uns mit manchem ihrer Elaborate auseinander setzen. Aber was ist mit den Jüngeren?

Auf meinem Weg in nordöstlicher Richtung flog ich wieder an der kleinen Schnapsbrennerei vorbei, die ich im Dezember schon abgelichtet hatte. Diese war eine der wenigen Stellen, an denen etwas Sonnenlicht durch den total verhangenen Wolkenhimmel durchkam.


Weiter ging mein Flug über Bösensell und die schöne St.-Johannes-Baptist-Kirche. Die Luft war angenehm ruhig, gestartet war ich bei einem Wind mit 5 km/h aus westlicher Richtung, zwar wurde der Wind etwas weiter oben auch etwas stärker, aber es flog sich sehr ruhig und angenehm. Auch die Temperatur, die am Boden bei 9°C gelegen hatte, wurde erst ab etwa 500 Höhenmetern merklich kälter, bis etwa 350 Metern war es (in dicker Kleidung) gut auszuhalten.



Ich habe nun die 1842 veröffentlichte Droste-Hülshoffsche Novelle „Die Judenbuche“ gelesen, ein kleines Büchlein, in dem der Protagonist Friedrich Mergel in seinem dörflichen Milieu unter Mordverdacht gerät und fliehen muss. Hat man sich einmal an den etwas „fremden Stil“ gewöhnt, liest es sich sehr gut und man ist schnell durch; ist es aber ein Kriminalroman, ein Sittengemälde, ein Psychogramm oder eine vieldeutige Geschichte? Oder ist es alles zugleich? Das Buch gibt es als PDF kostenlos im Netz, reinlesen lohnt sich.


Die ersten 29 Jahre ihres Lebens lebte Annette von Droste-Hülshoff auf Burg Hülshoff, die ich nach einer Flugzeit von etwa 25 Minuten erreichte. 1826 starb ihr Vater und der Bruder Werner übernahm die Burg, sodass Annette mit Mutter und Schwester Jenny ins nahegelegene Rüschhaus übersiedelten (ca. 5 km nach Osten).


Als ich das obige Photo von der Wasserburg machte, wurde ich dabei von der montierten Kamera gefilmt.


Lebt wohl
(Annette von Droste-Hülshoff)

Lebt wohl, es kann nicht anders sein!
Spannt flatternd eure Segel aus,
Laßt mich in meinem Schloß allein,
Im öden geisterhaften Haus.

Lebt wohl und nehmt mein Herz mit euch
Und meinen letzten Sonnenstrahl;
Er scheide, scheide nur sogleich,
Denn scheiden muß er doch einmal.

Laßt mich an meines Seees Bord,
Mich schaukelnd mit der Wellen Strich,
Allein mit meinem Zauberwort,
Dem Alpengeist und meinem Ich.

Verlassen, aber einsam nicht,
Erschüttert, aber nicht zerdrückt,
Solange noch das heil'ge Licht
Auf mich mit Liebesaugen blickt.

Solange mir der frische Wald
Aus jedem Blatt Gesänge rauscht,
Aus jeder Klippe, jedem Spalt
Befreundet mir der Elfe lauscht.

Solange noch der Arm sich frei
Und waltend mir zum Äther streckt
Und jedes wilden Geiers Schrei
In mir die wilde Muse weckt.


Den etwas Jüngeren ist Annette von Droste-Hülshoff noch vom 20 DM-Schein bekannt, der bis 2001 offizielles Zahlungsmittel in Deutschland war. Das Bild von ihr auf dem Schein ist dem Gemälde (links im Bild / im Schein, im Original gespiegelt) entnommen, das vermutlich Annettes ältere Schwester Jenny (Maria Anna Henrietta Felicitas Freiin von Droste zu Hülshoff) erstellt hat.

Übrigens lässt das Bundesministerium der Finanzen verlauten, dass dieses Jahr im Februar die 20-Euro-Sammlermünze „225. Geburtstag Annette von Droste-Hülshoff“ herausgegeben wird.


Auf meinem Rückflug flog ich etwas tiefer und konnte einen Hochspannungs-Verteilermast photographieren.


Über Appelhülsen und entlang an der St.-Mariä-Himmelfahrt-Kirche ging mein Rückflug weiter. Ein kurzes Stück flog ich gegen die Sonne, dann verschwand sie wieder hinter den dicken Wolken.


Die Baustelle B474 (nicht die kleine neue Straße mit Brücke, sondern das Matschfeld darunter) scheint kaum weiter gekommen zu sein in den letzten Monaten.


Und so sah es den ganzen Flug über aus, an manchen Stellen kamen ein paar wenige Sonnenstrahlen durch die dicken Wolken.

Es war ein schöner Flug, fast eine Stunde war ich in der Luft. Auf die letzten Minuten wurde es dann tatsächlich auch ein wenig kalt.


Das alte Schloß
(Annette von Droste-Hülshoff)

Auf der Burg haus' ich am Berge,
Unter mir der blaue See,
Höre nächtlich Koboldzwerge,
Täglich Adler aus der Höh',
Und die grauen Ahnenbilder
Sind mir Stubenkameraden,
Wappentruh' und Eisenschilder
Sofa mir und Kleiderladen.

Schreit' ich über die Terrasse
Wie ein Geist am Runenstein,
Sehe unter mir die blasse
Alte Stadt im Mondenschein,
Und am Walle pfeift es weidlich,
- Sind es Käuze oder Knaben? -
Ist mir selber oft nicht deutlich,
Ob ich lebend, ob begraben!

Mir genüber gähnt die Halle,
Grauen Tores, hohl und lang,
Drin mit wunderlichem Schalle
O Langsam dröhnt ein schwerer Gang;
Mir zur Seite Riegelzüge,
Ha, ich öffne, laß die Lampe
Scheinen auf der Wendelstiege
Lose modergrüne Rampe,

Die mich lockt wie ein Verhängnis,
Zu dem unbekannten Grund;
Ob ein Brunnen? ob Gefängnis?
Keinem Lebenden ist's kund;
Denn zerfallen sind die Stufen,
Und der Steinwurf hat nicht Bahn,
Doch als ich hinab gerufen,
Donnert's fort wie ein Orkan.

Ja, wird mir nicht baldigst fade
Dieses Schlosses Romantik,
In den Trümmern, ohne Gnade,
Brech' ich Glieder und Genick;
Denn, wie trotzig sich die Düne
Mag am flachen Strande heben,
Fühl' ich stark mich wie ein Hüne,
Von Zerfallendem umgeben.